Seit wann haben Sie so ein offenes Ohr für die Menschen, die zu Ihnen kommen?
In meiner Generation war das in unserem Unternehmen immer eine zwischenmenschliche Selbstverständlichkeit. Mein Vater aber ist damit noch anders umgegangen. Zu seiner Zeit war der Bestatter der Organisator, bei dem die Menschen das Nötigste bestellt haben. Und die Kirche hat die große Aufgabe übernommen, sich um die Angehörigen und Trauernden zu kümmern. Das hat sich heute sehr geändert. Viele Menschen sind nicht mehr in der Kirche, werden nicht mehr in einer Gemeinde aufgefangen. Das fehlt.
Trauernde wünschen sich eine höhere Sensibilität für ihre Bedürfnisse in ihrer Situation. Muss sich das Verhalten der Bestatter also grundsätzlich ändern?
Es ändert sich schon. Viele Bestatter sind mehr an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Nicht alle, aber ich kenne viele, die sich in dieser Richtung bewegen. Sie gehen anders mit Abschied, Tod und Trauer um und wollen nicht mehr nur Organisator sein. Sondern auch die Seele ansprechen, Trost bei Trauer spenden. Und ein Begleiter sein.
Sie und einige Kollegen sind Vorreiter. Aber reicht das? Oder muss die gesamte Bestattungsbranche ganz neu denken?
(Pause) Ja, muss sie. Die Bestattungsbranche muss neu denken. Ich bin im Kuratorium der Stiftung Deutsche Bestattungskultur aktiv. Dadurch beschäftige ich mich in Bezug auf Bestattungen mit vielen Denkweisen und Ansätzen. So machen sich Menschen unter anderem im Bereich der Bestattung selbstständig, weil sie alternative Beisetzungen anbieten möchten. Das habe ich nie verstanden.
Was ist damit genau gemeint?
Das habe ich mich auch gefragt. Was soll das überhaupt heißen: alternative Bestattungen? Dann lese ich, dass die Trauernden dabei vieles selber machen dürfen: den Sarg bemalen, beim Ankleiden des Verstorbenen dabei sein oder die Urne selbst zum Grab tragen dürfen. Und ich habe gedacht: Aber das ist doch genau das, was die Angehörigen bei mir auch tun können. Das bieten wir alles schon seit Jahren an. Genau diese speziellen Wünsche kristallisieren sich doch bei einem guten Beratungsgespräch heraus. Ich gehe ja nicht einfach meinen Zettel durch und hake ab. Die Angehörigen können in dem Gespräch von dem Verstorbenen erzählen. Denn jeder Mensch hat eine Geschichte. Dabei erfährt man, was diesem Menschen wichtig gewesen ist oder sein kann.
Da haben Sie gemerkt, dass Sie immer nur von sich ausgegangen sind?
Ja, genau. Viele Bestatterkollegen bieten Betroffenen eben nicht an, etwas individuell zu tun. Da wird ein Schema abgearbeitet, dann schicken sie die Rechnung, erledigt. Ich bin überzeugt, dass sich die Bestatterbranche öffnen und persönlicher werden muss.