Trauergeschichten

Osteuropäische Trauer in Deutschland

Osteuropäer:innen in Deutschland, die einen Todesfall verkraften müssen, erleben diese Zeit als besonders schwierig. TrostHeldin Danuta Smendor erzählt.
"Das Portal TrostHelden hat mich sehr positiv überrascht. Ich habe interessante Persönlichkeiten kennengelernt, die ich TrostHelden sonst niemals kennengelernt hätte", sagt Danuta Smendor.
Foto: Privat

Fester, starker Familienbund in Polen

"In einem fremden Land den Partner zu verlieren, ist immer schwieriger als im Heimatland", sagt Danuta Smendor. "Jemand wie ich hat nur die neue Familie hier, nicht aber seine Herkunftsfamilie. Außer meiner 23-jährigen Tochter lebt kein anderes Familienmitglied in Deutschland."

Danuta Smendor hat ihren deutschen Mann verloren, sie lebt im niedersächsischen Wunstorf. Seit über 30 Jahren ist die studierte Juristin schon in Deutschland. Doch nach dem Tod ihres Mannes fehlt ihr die Geborgenheit ihrer "alten" Familie sehr. Als sie in einem Zeitschriftenartikel über die guten Erfahrungen von trauernden Menschen mit der Trauerfreund-Vermittlung TrostHelden liest, entschließt sie sich nach einer Schnupperphase, selbst Mitglied bei TrostHelden zu werden. Gerade hat sie ihr Abo verlängert …

"Dieses Portal für Trauernde hat mich sehr positiv überrascht", erzählt Danuta. "Ich habe bereits fünf Frauen über TrostHelden kennengelernt, die ebenfalls ihren Partner verloren haben. Und alle sind toll. Es sind interessante Persönlichkeiten, die ich ohne TrostHelden sonst niemals kennengelernt hätte."

In ihrem Umfeld trifft sie auf Unverständnis

Nach dem Tod ihres Mannes fühlt sie sich sehr alleine. Schnell merkt sie, dass ihr Umfeld wenig Verständnis für ihre Situation aufbringt. Und ihr wird eines klar: Sie möchte Bekanntschaften mit anderen Trauernden schließen.

Denn wer selbst trauert, wer diese Zeit der Trauer selbst durchgemacht hat, kann den anderen besser verstehen. "Das persönliche Umfeld erwartet nach zwei bis drei Monaten, dass das Leben wieder ganz normal weitergeht. Aber genau das tut es eben nicht. Man fühlt sich wirklich sehr allein", so Danuta.

TrostHelden bietet die Möglichkeit, genau solche Menschen zu finden, die einen ähnlichen Trauerfall zu verkraften haben. Das gefiel Danuta an TrostHelden besonders gut. Denn sie konnte Frauen anschreiben, die um ihren Partner trauern wie sie.

  • "Ich wollte jemanden kennenlernen, der den Mut hat, nach vorne zu schauen."
  • "Mir hat es sehr geholfen, mich mit meinen Trauerfreundinnen auszutauschen."
  • "Das Schreiben mit den Trauerfreundinnen macht richtig Spaß."
  • "Man sollte viel mehr über das Thema Trauer reden."

Mit dem Mut, nach vorne zu schauen

Und noch ein anderer Aspekt hat sie bewogen, bei TrostHelden ein Abonnement abzuschließen: "Ich bin eine starke Person. Ich wollte jemanden kennenlernen, der seinen Lebenspartner verloren hat und der darüber hinaus den Mut hat, wie ich nach vorne zu schauen. Solche Menschen habe ich gesucht – und gefunden. Ich wollte keinen Kontakt zu Frauen, die keine Zukunftsperspektive sehen und in ihrer Traurigkeit verharren", so sieht es Danuta.

"Wenn zwei Trauernde immer nur verzweifelt sind, bringt ein Austausch in meinen Augen nicht so viel. Auch wenn man die Zeit der Trauer durchstehen muss, sollte man doch versuchen, weiter zu leben. "Das ist nicht einfach. Man hat gute und schlechtere Tage." Aber sie hat ihre Trauerfreundinnen von TrostHelden, mit denen sie sprechen und sich intensiv austauschen kann.

Freundschaften aus Kindertagen sind anders

Das hat ihr sehr geholfen. "Man hat ja die Familie nicht hier, die Verwandten, die man normalerweise zuhause in seinem Heimatland hat. Und die Freundschaften, die man als Erwachsener in einem anderen Land schließt, sind eben doch etwas Anderes als die Freundschaften mit Menschen, die man seit der Kindheit kennt, mit denen man die Jugend verbracht hat und erwachsen geworden ist. Man teilt einfach viele gleiche Erfahrungen. Man kennt alle Etappen des Lebens der anderen. Das verbindet. Ich denke auch, dass sie deshalb viele Entscheidungen auch besser nachvollziehen können."

Die unterschiedlichen Kulturen, in denen man aufwächst, spielen ebenfalls eine Rolle. Auch in Bezug auf die Trauer. "Wir Polen haben zum Beispiel eine andere Einstellung, mit den Toten umzugehen. Wir pflegen eine andere Grabkultur. Ich kenne in Deutschland viele Menschen, die anonym begraben sein möchten, zum Beispiel in einem Wald. Und ich höre aus meinem deutschen Umfeld, dass dort die Grabstätten nach 20 Jahren nicht verlängert werden", berichtet Danuta.

Auf den Friedhöfen brennen die Kerzen

"Wir geben die Gräber unserer Eltern nie auf, solange wir leben. Am 1. November, an Allerheiligen, trifft sich die ganze Familie am Grab, gedenkt der Verstorbenen und setzt sich dann später zum Essen und Trinken zusammen. Durch das Grab sind wir miteinander verbunden, so fühlt es sich für uns an. Ich fahre jedes Jahr an diesem Tag nach Polen. Unsere Friedhöfe, die Parks ähneln, sind dann regelrecht erleuchtet, weil sehr viele Kerzen brennen. Meine Tochter liebt das. Das ist einmalig. Das hat mit dem katholischen Glauben zu tun, ja, aber besonders auch mit unserer Tradition."

Eine Frau mit einem Tuch als Kopfbedeckung als Grabfigur auf einem Friedhof
"Historische Grabmäler mit kunstvollen Grabfiguren werden zum Beispiel auf dem Friedhof in Warschau liebevoll restauriert", sagt Danuta Smendor.© Foto: Pixabay

Spenden für den Erhalt historischer Grabmäler

Auch historische Grabmäler mit kunstvollen Grabfiguren auf Friedhöfen zum Beispiel in Warschau, Krakau oder Lodz werden in Polen liebevoll restauriert, damit sie erhalten bleiben. Dafür werden jedes Jahr am 1. November Spenden gesammelt – mit Unterstützung von Politikern, Schauspielern und anderer Prominenz.

Danuta hat wie erwähnt mittlerweile ihr Abo bei TrostHelden verlängert. "Ich hatte mich zunächst kostenlos angemeldet und das Ganze beobachtet. Aber als mich dann eine sehr nette Frau angeschrieben hat, die eine Trauerfreundin suchte, war ich überzeugt, selbst eine kostenpflichtige Mitgliedschaft abzuschließen. Das Gute daran ist, dass ich auf diese Weise selber so viele Leute anschreiben kann, wie ich möchte, und von denen ich annehme, dass sie zu mir passen. Das trauen sich ja viele nicht. Sie warten darauf, dass sie selbst angeschrieben werden. Aber das funktioniert meist nicht. Ich jedenfalls bin überzeugt: Man sollte selbst aktiv werden. Es lohnt sich. Ich habe wirklich starke Frauen kennengelernt."

Austausch mit persönlichen Trauerfreundinnen

Danutas Tipp: "Manche Trauernde, die die Plattform TrostHelden nutzen, schreiben wenig in ihr Profil. Aber es ist schwierig für ein anderes Mitglied, jemanden anzuschreiben, der so gar nichts von sich mitteilt. Ich möchte lieber jemandem schreiben, von dem ich annehme, dass er oder sie gut zu mir passt. Darüber hinaus ist immer spannend, neue Bekanntschaften zu schließen. Das Schreiben mit den Trauerfreundinnen macht richtig Spaß."

Danuta Smendor sagt: "Man sollte viel mehr über das Thema Trauer reden, auch in der Öffentlichkeit. Es ist nach wie vor ein großes Tabu-Thema. Ich habe mir nicht vorstellen können, dass die Trauer nach dem Verlust des Partners so schwer ist. Da muss man reden! Ohne über die eigene Trauer zu sprechen, ist die Situation noch viel schwieriger auszuhalten."

Trauerfreund:innen, die 100 % passen

Hatte sie einmal daran gedacht, sich eine Trauergruppe in ihrem Wohnort zu suchen? "Ja, daran hatte ich gedacht", antwortet sie. "Doch in den Trauergruppen sind oft Menschen mit großen Altersunterschieden. Bei TrostHelden hingegen kann man sich die Personen suchen, die vom Alter, vom Trauerfall und von der Einstellung zum Leben zu einem selbst passen. Und Menschen, die in kleinen Orten wohnen, in denen es keine Trauergruppen gibt, haben mit TrostHelden eine gute Möglichkeit, Menschen zu finden, mit denen sie über ihre Trauer sprechen können."

Viele Trauernde leiden – zu wenige reden darüber

Wie bedeutsam das ist, hat sie immer wieder erfahren: "Viele Trauernde fühlen sich sehr einsam. Einsamkeit ist eine Krankheit unserer Zivilisation. Manche Menschen gleiten sogar in eine Depression. Auch deshalb ist es wichtig, in der gesamten Gesellschaft mehr über Trauer zu sprechen. Und das Thema nicht zu verdrängen. Viele leiden, aber nur wenige trauen sich, das zu sagen."

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